Sunday 16 September 2012

Mailer Monroe Stern

Dieses Buch sind eigentlich zwei Bücher: eine Biografie und eine Bilder-Retrospektive über eine Schauspielerin, deren grösste Liebesaffäre jene mit der Kamera war“, meinte Norman Mailer in seiner Biografie "Marilyn", 1973. Der Kölner Taschen Verlag hat ihn beim Wort genommen und nun seinen Originaltext mit Bert Sterns Fotografien aus dem Last Sitting herausgebracht.

Bert Stern wurde in Brooklyn, New York, geboren, brachte sich das Fotografieren selbst bei und war in den 1960er-Jahren ein sehr erfolgreicher Mode- und Werbefotograf. Unter dem Titel "Vier Tage im Juni 1962" beschreibt er, wie die Fotos in diesem Band entstanden. Und fügt hinzu: "Marilyn konnte nicht wissen, welchen Einfluss diese Fotos auf mein weiteres Leben hatten. Sie ist vor fünfzig Jahren in mein Leben getreten, und ich muss zugeben: Sie ist immer noch da." Sieht man sich Sterns Aufnahmen an, glaubt man zu verstehen, warum – die Kamera mag Marilyn nicht nur, sie liebt sie geradezu. "Sie ist einfach lebendiger auf der Leinwand als die anderen. Sie besitzt mehr Energie, mehr Humor, sie ist mehr an die Rolle und an das Spiel hingegeben als die anderen – sie spielt die Rollen, lässt einen teilhaben an dem Glück, das sie darstellt, und das ist schliesslich unabdingbar für jede billige Unterhaltung", schreibt Norman Mailer.

Sterns Marilyn-Fotos sind Inszenierungen und aus sich selbst verständlich, sie brauchen weder Bildlegenden noch erklärende Texte. Trotzdem verändert sich unsere Sichtweise, wenn wir wissen, dass sechs Wochen nach diesen Aufnahmen, Marilyn Monroe nicht mehr lebte. Unsere Sichtweise verändert sich aber auch, wenn wir uns auf den grandiosen Marilyn-Text von Norman Mailer einlassen: "Sein heimlicher Ehrgeiz war gewesen, Marilyn zu stehlen; in seiner Eitelkeit glaubte er, niemand könne das Beste in ihr so gut zum Vorschein bringen wie er eine Einbildung, die er mit vielleicht fünfzig Millionen anderer Männer teilte ...". Nur können diese vermutlich keine so gute Geschichte erzählen wie Mailer es vermag. "Er könnte eine Geschichte erzählen, die vielleicht lebensechter war als etwas bloss Erfundenes, denn er vermochte sich ja oft sehr gut in einen verschlossenen, stillen Menschen einzufühlen und würde, ausgestattet mit schriftstellerischer Freiheit, die verborgenen Impulse im Leben einiger seiner tatsächlich existierenden Figuren erkunden."

Seine Leser sind froh, dass er es getan hat. Und auch darum, dass man in diesem tollen Buch eine so schöne Aufforderung findet wie diese von Marilyn: "Als ich ein kleines Mädchen war, hat mir nie jemand gesagt, ich sei hübsch. Man sollte allen kleinen Mädchen sagen, dass sie hübsch sind, auch wenn es nicht stimmt".

Norman Mailer / Bert Stern
Marilyn Monroe
Taschen Verlag, Köln 2012
www.taschen.de

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